Social Media

Suchen...

Blaulicht

JVA ließ Mann sterben – Verhungerter Häftling äußerte laut Landesregierung nie Todeswunsch

Themenbild: Pixabay

Köln. In dem Fall des angeblich aus freiem Willen verhungerten Häftlings in NRW gehen aus einem vertraulichen Papier der Landesregierung neue, brisante Informationen über den Tod des Mannes hervor: So steht in dem Bericht des Justizministeriums, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag-Ausgabe) vorliegt, dass der Untersuchungshäftling selbst nie die Absicht geäußert habe, durch den Verzicht auf Essen und Trinken tatsächlich sterben zu wollen.

Vielmehr habe er am 3. November 2020 in der JVA Aachen die Nahrungsaufnahme mit der Begründung eingestellt, das Essen sei vergiftet und die Bediensteten wollten ihm „Böses“. Anschließend aß er über Wochen fast nichts. Am 26. November habe er angegeben, „der Teufel sei in ihm, er gehöre in die Klapse“. Die JVA Aachen wartete einen Monat, bevor man den Mann erstmalig während seines Hungerns am 3. Dezember psychiatrisch untersuchen ließ. Eine Konsiliarpsychiaterin schloss an diesem Tag Gründe, die eine Zwangsernährung hätten rechtfertigen können, aus und wertete den Nahrungsverzicht des Häftlings als „offenkundige Entscheidung, nicht mehr leben zu wollen“, die er bewusst getroffen habe.

Bisher hatten die Behörden stets betont, der Mann sei „engmaschig“ betreut worden und habe sich „zu keinem Zeitpunkt in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand“ befunden, deswegen habe man ihn nicht zwangsernähren dürfen. Laut Justizministerium sei man in der JVA Aachen davon ausgegangen, dass der Betroffene sich durch Sterbefasten das Leben nehmen wollte. Ein Gerichtsgutachten, das dem Mann eine depressive Erkrankung attestierte, sei dort nicht bekannt gewesen.

An der Darstellung, der Mann habe sich mit klarem Verstand zu Tode gehungert, hatten Experten schon Zweifel geäußert, nachdem der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Haftverlauf des 67-Jährigen in der vergangenen Woche dargelegt hatte: So hatte der ehemalige Tüv-Ingenieur bereits vor seiner Verhaftung die wahnhafte Vorstellung entwickelt, er würde erblinden. Nachdem er im Rausch seine Ehefrau erdrosselt hatte, wurde er zunächst mit Verdacht auf Psychose in eine Psychiatrie zwangseingewiesen. Von dort kam er in die JVA Köln, wo er innerhalb weniger Tage mehrere – teilweise schwerwiegende – Suizidversuche unternahm. Aus dem Bericht der Landesregierung geht nun hervor, dass bereits damals ein Konsiliarpsychiater eine stationäre psychiatrische Behandlung des Mannes „bei fortbestehender Suizidalität“ für „erforderlich“ hielt. Nur eine Woche später lief der Mann so oft mit Anlauf mit dem Kopf gegen die Zellenwand, dass er auf die Intensivstation im JVK gebracht werden musste. Dort wurde er drei Wochen lang behandelt, laut dem vertraulichen Papier auch mit Psychopharmaka. In eine Psychiatrie kam er anschließend und bis zu seinem Tod aber nicht.

PM/Kölner Stadt-Anzeiger

Auch interessant

Deutschland & Welt

Hamburg (dts) – Wegen der gemeinsamen Abstimmung der Union mit der AfD im Bundestag schließen sowohl die SPD als auch die Grünen in Hamburg...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – SPD-Chef Lars Klingbeil kritisiert die Grünen für eine zu große Nähe gegenüber CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. „Dass die Grünen sehr, sehr, sehr...

Deutschland & Welt

Düsseldorf (dts) – Nachdem gehäuft Berichte über Parteiaustritte beim „Bündnis Sahra Wagenknecht“ bekannt geworden sind, hat BSW-Vize Klaus Ernst reagiert und die Bedeutung heruntergespielt....

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – SPD-Chef Lars Klingbeil hat Medienberichte zurückgewiesen, wonach er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Verzicht auf eine erneute Kanzlerkandidatur gedrängt haben soll....

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge will einer Koalition mit der Union nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen. „Die deutschen Grenzen dichtzumachen – das können...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Die allermeisten Menschen in Deutschland fürchten eine Einflussnahme anderer Staaten und ausländischer Akteure auf die Bundestagswahl. In einer Umfrage des IT-Branchenverbands...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Aus der deutschen Wirtschaft kommt deutliche Kritik am deutschen Botschafter in den Vereinigten Staaten, Andreas Michaelis. „So darf sich ein Botschafter...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Bundeskanzler Olaf Scholz hat Medienberichte zurückgewiesen, wonach der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil ihm einen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur nahegelegt habe. „Nein, ein...

Anzeige