Social Media

Suchen...

Deutschland & Welt

Experten warnen vor Risiken bei Klimaneutralität im Grundgesetz

Berlin (dts) – Rechtsexperten haben Bedenken hinsichtlich des geplanten Passus zur Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz geäußert. „Klimaneutralität 2045“ sei kein Staatsziel geworden, welches das gesamte Handeln des Staates steuern würde, aber „Schlüsselbegriffe in einer Verfassung entwickeln eine Eigendynamik, die man nicht vollständig voraussehen kann“, sagte Volker Boehme-Neßler von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg dem Nachrichtenmagazin Politico.

„NGOs könnten versuchen, den Begriff als Hebel zu benutzen, um die Politik mithilfe der Gerichte unter Druck zu setzen. Das ist mit anderen Begriffen auch passiert. Das kann man nicht ausschließen.“ Natürlich entfalte diese Verfassungsänderung eine politische Wirkung. „Wer sich in Zukunft auf Klimaneutralität 2045 beruft, kann sich auf die Verfassung stützen“, so Boehme-Neßler. In der politischen Diskussion gehe der feine juristische Unterschied zwischen einem Staatsziel und einer Zweckbestimmung für ein Sondervermögen „sicher leicht unter“.

Christian Pestalozza von der Freien Universität Berlin setzt einen anderen Fokus als sein Kollege: Er sagte zunächst auch, dass der geplante Artikel eine „bloße Ermächtigung“ des Bundes darstelle, keine Verpflichtung. Es stehe dem Gesetzgeber frei, „von der Ermächtigung keinen, teilweisen oder vollumfänglichen Gebrauch zu machen“. Eine Verfassung, die den Gesetzgeber klimaschutzrechtlich auf 2045 festlegen wollte, müsste dies ausdrücklich sagen, so Pestalozza.

Dessen ungeachtet, so Pestalozza weiter, „dürfte das Leitmotiv der Autoren die Vorstellung gewesen sein, dass sich bis 2045 Klimaneutralität irgendwie herstellen lasse und dass sich alle klimarelevanten Maßnahmen im Rahmen eines nach Art. 143h einmal errichteten Sondervermögens an diesem Ziel auszurichten hätten.“ Doch angesichts der Fülle und Vielfalt der dazu in Betracht kommenden Maßnahmen würden „einzelne von ihnen kaum rechtlich (dann auch gerichtlich) darauf hin überprüfbar sein, ob sie zur Erreichung des Zeitziels taugen.“

„Entscheidungsfreudige Gerichte werden dies vielleicht anders sehen“, sagte Pestalozza. Doch: „Anlass zur Sorge gibt solche Ungewissheit nicht; sie stellt sich nach fast jeder Gesetzes- oder Verfassungsänderung ein.“

Josef Franz Lindner von der Universität Augsburg dagegen bezeichnete die Aufnahme der Formulierung „Klimaneutralität bis 2045“ ins Grundgesetz als „verfassungsrechtliches Hoch-Risiko-Projekt“. Aus der „neuen Norm“ ließe sich „interpretatorisch doch ein Verfassungsauftrag entnehmen, Klimaneutralität bis 2045 herzustellen und die gesamte Klimapolitik darauf auszurichten“.

Der Grund laut Lindner: Der verfassungsändernde Gesetzgeber habe „zum Ausdruck gebracht, dass er Klimaneutralität bis 2045 als Verfassungsziel ansieht“. Bereits in der sogenannten Klimaentscheidung habe das Bundesverfassungsgericht 2021 gezeigt, „dass es mit der Verfassung sehr `kreativ` umgeht und aus ihr auch Postulate entwickelt, die dem Verfassungstext fremd sind“ – Lindner meint etwa die Rede von der „intertemporalen Freiheitssicherung“.

Es sei daher „durchaus naheliegend, dass das Gericht die Formulierung `Klimaneutralität bis 2024` über ihre finanzverfassungsrechtliche Bedeutung hinaus zu einer allgemeinen Handlungspflicht entwickelt und daran die Klimapolitik konkret misst“.

Anzeige. Scrolle, um weiterzulesen.

Foto: Ausgabe des Grundgesetzes in einer Bibliothek (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

Auch interessant

Deutschland & Welt

New York (dts) – Die US-Börsen haben am Freitag deutlich zugelegt. Zu Handelsende in New York wurde der Dow mit 41.488 Punkten berechnet, ein...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – In der Diskussion um neue Kaufanreize für Elektroautos in Deutschland hat sich IG-Metall-Chefin Christiane Benner gegen die Rückkehr zu einer reinen...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – Am 26. Spieltag der 1. Fußball-Bundesliga hat der 1. FC Union Berlin an der Alten Försterei gegen den FC Bayern München...

Deutschland & Welt

Leipzig (dts) – Am 26. Spieltag der 1. Fußball-Bundesliga hat RB Leipzig daheim gegen Borussia Dortmund mit 2:0 gewonnen. Im Duell der kriselnden Top-Mannschaften...

Deutschland & Welt

Heidenheim (dts) – Am 26. Spieltag der Fußball-Bundesliga hat der 1. FC Heidenheim im Abstiegskampf einen wichtigen Sieg gegen Holstein Kiel errungen. In einem...

Deutschland & Welt

Köln (dts) – Am 26. Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga hat der 1. FC Köln zuhause gegen den SV Darmstadt 98 mit 2:1 gewonnen. Die...

Deutschland & Welt

Stuttgart (dts) – Zum Abschluss des 26. Spieltags der Fußball-Bundesliga hat Bayer 04 Leverkusen in einem spannenden Spiel gegen den VfB Stuttgart mit 4:3...

Deutschland & Welt

Berlin (dts) – CDU-Chef Friedrich Merz hat die Einigung von Union, SPD und Grünen auf ein gemeinsames Schuldenpaket gelobt. Es seien „anspruchsvolle Diskussionen“, sagte...

Anzeige